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Geschrieben von Iwi am 14.06.2009 um 22:20:

  Spurensuche vor Ort

Hallo,

ich wollte mich mit einem kleinen Beitrag melden, der hoffentlich auch anderen hier im Forum Auftrieb und Mut gibt, weiter zu machen mit einer Suche, die sich vielleicht schon über 2-3 Generationen, viele Jahre und viele Fehlschläge und Enttäuschungen hinweg erstreckt.

Ich finde es zwar einerseits sehr erfreulich, dass man z.B. hier im Forum von vielen Kennern unterstützt wird und beim Schmökern in den Beiträgen auch Anregungen bekommt, andererseits geht es vielen so wie mir, kann ich mir denken:
man hat das Gefühl, dass die Suche noch Jahre/Jahrzehnte dauern wird, man findet den Gesuchten höchstwahrscheinlich nicht mehr, weil er schon über 100 Jahre ist und aufgrund des Alters, auch wenn er den Krieg überstanden haben mag, eh schon verstorben sein dürfte und das ganze ist sehr zermürbend, wenn man ewig auf Antworten von den angeschriebenen Stellen wartet oder in einer Sackgasse gelandet ist.

Ich war jetzt einfach mal für ein paar Tage in Posen/Polen(seinerzeit Warthegau/Deutsches Reich), wo meine Großeltern während des Krieges lebten und eine Familie gründeten.
Außer ein paar Fotos und Adressen aus diversen Dokumenten hatte ich nichts dabei und bin einfach mal drauf los.

Ich muss sagen, mir hat das sehr viel Spaß und auch Mut gemacht, nicht aufzugeben, sondern bei der Vermisstensuche am Ball zu bleiben!
Ich fand das Wohnhaus meiner Großeltern, die Häuser in denen mein Großvater arbeitete, den Ort, wo das Hochzeitsfoto meiner Großeltern entstand, das Geburtshaus meines Vaters usw. Das ganze hatte was von einer Schnitzeljagd mit Herzklopffaktor.

Mir ist klar, dass nicht jeder so viel Glück hat, die Häuser (oder bestenfalls frühere Bekannte) etc. auszumachen. Dennoch finde ich, dass jeder, für den die Möglichkeit besteht, solche "Orte der Vergangenheit", also die "Stätten unserer Ahnen" aufzusuchen, das auch machen sollte.
Nur Mut! Man kann doch nix dabei verlieren. Im Gegenteil, das war so eine Art Frischzellenkur und ich weiß, wieso ich Tag für Tag das Internet, Fotoalben oder irgendwelche Dokumente durchforste, Verwandte mit meinen bohrenden Fragen nerve und mit wenig Schlaf auskommen muss, weil die Suche mich seit Monaten echt gepackt hat.

Ich kann mir vorstellen, dass dem einen oder anderen, der auf Angehörigensuche ist, das ebenso gut tun könnte.

Also, toi toi toi für alle Suchenden
iwi



Geschrieben von Peavey am 15.06.2009 um 18:37:

 

Hallo Iwi !

Danke für Deinen Bericht.

Ich hätte mal eine Frage, welche Erfahrung hast Du mit den Menschen gemacht ? Hattest Du Kontakt zu den Leuten die heutzutage eines der
Gebäude bewohnen ?

Beste Grüße
Bernhard



Geschrieben von Iwi am 15.06.2009 um 20:47:

 

Hallo Bernhard,

unglücklicherweise ist das Wohnhaus heute ein Polizeigebäude, so dass ich dort niemanden mehr ausmachen konnte (zumal kath. Feiertag war...).Das Gebäude war dicht; gegenüber (auch ein Polizeigebäude) war man mit gebrochenem Englisch zwar nett zu mir, aber insgesamt nicht sehr hilfreich.

Ich habe z.T. Leute auf der Straße angequatscht und Fotos unter die Nase gehalten - dabei traf ich zufälligerweise auf einen polnischen Fremdenführer, der mir im Rahmen seiner Möglichkeiten auch hilfreiche Tipps gab ( er war gerade mit einem australischen älteren Ehepaar unterwegs; der Australier war auf den Spuren seines Vaters, der auch als Soldat in Posen war....). Ein paar Minuten stand der Fremdenführer mir aber mit gutem Englisch Rede und Antwort. Das war schon klasse.

Ich muss sagen, dass auch von Fremden (hier in Deutschland), mit denen ich z.B. bei email- oder Telefonaktionen zu tun hatte, zu meiner Überraschung oft die Bereitschaft da ist, zu helfen, obwohl sie mich ja überhaupt nicht kennen.

Da ich im Posener Nationalmuseum, das mir aufzusuchen empfohlen wurde, niemandem mit Englischkenntnissen begegnete, war das zunächst eine Sackgasse, aber ich werde dort an die Leute nochmal herantreten, dann mit besserer Vorbereitung in Sachen Kommunikation.

Insgesamt bin ich total erfreut, wie sehr einem bei dieser Suche von den unterschiedlichsten Menschen/Institutionen Hilfe zuteil wird.

Falls Deine Frage darauf abzielt, ob da sowas wie negative Emotionen gegenüber Deutschen zu spüren war, zumal ich ja viele Fotos von meinem Opa in SS-Uniform dabei hatte, so muss ich das verneinen. Da ist mir niemand mit einem dummen Spruch oder so begegnet. Ich hab ernsthaft den Eindruck, dass die Unterstützung aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse an die Grenzen stieß; nicht etwa wegen fehlendem Willen.

Iwi



Geschrieben von Peavey am 16.06.2009 um 19:59:

 

Hallo !

Vielen Dank für die Schilderung Deiner positiven Erfahrungen, meine Frage zielte nicht auf den Deutschen in Uniform ab sondern vielmehr auf dessen Nachkommen die sich heutzutage für ehemaliges Besitztum interessieren und dem ein oder anderen vielleicht unbequem erscheinen könnten.

Beste Grüße
Bernhard


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