Walther Bahrs *27.03.1925 ... vermisst

lazykate
Hallo lieber User,

heute hatte ich endlich das ersehnte Schreiben der WAST, bezgl. der Anfrage zu meinem verschollenen Großonkel Walther Bahrs, im Briefkasten.

Walther ist der leibliche Bruder meiner Großmutter und zwei Jahre jünger als diese. Die beiden standen sich sehr nahe, weshalb es mir sehr wichtig ist, mehr über seinen Verbleib zu erfahren. Oma werde ich direkt alles weiterleiten, was ihr mir evtl. sagen könnt. Sie sagt, die letzte Nachricht von ihm kam aus Insterburg, dann hat sie nie wieder von ihm gehört.

Ich hänge Euch das Schreiben der WASt in den Anhang und hoffe, Ihr könnt mir vielleicht weiterhelfen, seine letzten Wochen zu rekonstruieren.

Warum gibt es keine Todes- oder Vermisstenmeldung für ihn? Kam das häufiger vor? Heißt das, er ist auch nie für tot erklärt worden?
Was ist ein Infanteriegeschoss (siehe 2. Verwundung)?

Ich danke Euch herzlich.
Gruß, Kate
Peavey
Hallo Kate !

Das mit der Todes- und Vermisstenmeldung ist nicht ungewöhnlich und besagt nur dass eine solche die WAST nicht (mehr) erreicht hat - in den letzten Kriegswirren nicht weiter verwunderlich.

Ein Infanteriegeschoss ist z.B. die Kugel aus einem Gewehr, Pistole, Maschinenpistole, Maschinengewehr....

Beste Grüße
Bernhard
dr.rudolf
Hallo Kate,

Gräbersuche-online des VdK sagt zwar auch nicht mehr, aber es wurde danach schon einmal ein Suchantrag beim DRK-Suchdienst gestellt:

Zitat:
Nachname: Bahrs
Vorname: Walther
Dienstgrad:
Geburtsdatum: 27.03.1925
Geburtsort: Bäk bei Römnitz
Todes-/Vermisstendatum:
Todes-/Vermisstenort:
Nach den uns vorliegenden Informationen ist die o. g. Person seit vermißt. Beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Suchantrag nach dem Verschollenen gestellt, der auch nach wie vor gültig ist und verfolgt wird. Dessen ungeachtet sollten Sie aber mit der Einrichtung in München in Verbindung treten. Vielleicht konnte im Zuge der laufenden Auswertung von Unterlagen aus den verschiedensten Archiven der ehemaligen Sowjetunion oder der Länder des Ostblockes das Schicksal des Verschollenen bereits aufgeklärt, die Information aber aufgrund einer fehlenden aktuellen Anschrift noch nicht weitergegeben werden. Der Suchdienst wird Ihre Anfrage schnell bearbeiten und Sie auf dem Postweg über den aktuellen Sachstand informieren.
Auch die deutsche Dienststelle (WASt) ist seit Kriegsende gesetzlich beauftragt, die Schicksale der als vermißt gemeldeten Wehrmachtsangehörigen aufzudecken und betroffenen Bürgern zu helfen, Rechtsansprüche einzulösen. Die Deutsche Dienststelle ist ebenfalls per e-mail erreichbar.


Je nachdem wann der alte Suchantrag gestellt wurde, solltest Du es beim DRK-Suchdienst nochmals versuchen. Dort gehen immer noch neue Erkenntnisse ein (und sei es auch "nur" bedingt durch die Öffnung der russischen Archive).

Gruß
Rudolf (KINZINGER)
weers
Zitat:
Original von lazykate
...und hoffe, Ihr könnt mir vielleicht weiterhelfen, seine letzten Wochen zu rekonstruieren.


Hallo Kate,

das wird im Einzelfall nicht möglich sein. Die deutschen Truppen, zu denen auch die 1. Infanteriedivision gehörte, wurden immer weiter zurückgedrängt und hatten gegen eine an Menschen und Material weit überlegene Rote Armee keine Chance.

Zuletzt drängten sich die Überlebenden der russischen Offensive im Samland u8nd bei Pillau zusammen, und hofften darauf "irgendwie" da heraus zu kommen. Zwischen Schloßberg und Pillau liegt ein weiter Weg, und wer ihn aus irgendeinem Grunde nicht gehen konnte, blieb halt liegen. Die Kameraden konnten nicht mal eben so vorrücken, um gefallene oder verwundete Soldaten zu bergen. Und wer nicht in russische Gefangenschaft laufen konnte, lebte nicht mehr lange.

Bei der Evakuierung der deutschen Soldaten gab es Wichtigeres, als Akten in Sicherheit zu bringen. Erst kürzlich wurden beispielsweise die Kriegstagebücher der 4. Armee gefunden, die man im Boden versteckt hatte. Die meisten Kriegstagebücher deutscher Divisionen in der Enzeit des Krieges sind nicht mehr erhalten geblieben. Noch weniger die Anlagen dazu, so dass es schlicht und ergreifend keine detaillierte Quellen zu den Abläufen aus deutscher Sicht gibt.

Sollte Walther Bahrs nicht in Kriegsgefangenschaft geraten und dort registriert worden sein, wird sein unbekanntes Grab irgendwo zwischen Schloßberg/Ostpreußen und Pillau liegen.

Es gibt ein Buch, das ich Dir zur Lektüre empfehlen kann:

Diekert/Großmann
Der Kampf um Ostpreußen
13. Auflage, Stuttgart 2002
ISBN 3-87943-436-0

Mit etwas Glück kannst Du dieses Buch über die Fernleihe Deiner Bücherei bekommen:
Die 1. ostpreußische Infanterie-Division, Werner Richter, Eigenverlag, München 1975

Gruß,
Arnold
Jürgen Fritsche
Hallo zusammen,


Zitat:
Original von WASt
18.02.1944 Vanamoisa b. Narwa, Estland, verwundet. 4./ (MG) Füs.Btl. 27, 12. ID, Einsatzraum: Newel, Witebsk.

Die 4. Kompanie hatte die FPN 07504 E.

Über das Füs.Rgt. 27, das der 12. ID unterstellt war, findet man im LdW folgendes:

Zitat:
Original vom LdW
Das Füsilier-Regiment 27 [...] unterstand der 12. Infanterie-Division und kämpfte an der Ostfront. Nach weiteren schweren Verlusten bei Demjansk mussten im April 1943 zuerst die 7. und 8. Kompanie aufgelöst werden. Am 17. September 1943 wurde dann das ganze II. Bataillon aufgelöst und auf das I. und III. Bataillon verteilt werden. Eine Neuaufstellung des Bataillons erfolgte erst im August 1944. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Regiment im Nordabschnitt der Ostfront weitere schwere Verluste hinnehmen müssen. Ende 1943 nahm es an der Abwehrschlacht an der Newel teil [eigene Anm.: Nicht an der Newel, sondern bei Newel]. Im Januar 1944 wurde das Regiment zur 3. Panzerarmee nach Witebsk verlegt. Nach einer kurzen Ruhepause ging es zur 4. Armee bei Mogilew. Dort wurde das Regiment mit der 12. Infanterie-Division im Kessel von Mogilew eingeschlossen und zerschlagen. Die offizielle Auflösung erfolgte im Juli 1944.


Der Einsatzraum der 12. ID ist für den Tag der Verwundung von der WASt mit "Newel, Witebsk" angegeben. Das ist korrekt, denn die 12. ID ist Anfang 1944 vom II. AK der 16. A zur 3. PzA nach Vitebsk überstellt worden und gehörte damit zur HGr Mitte.

Die 16. Armee hingegen gehörte bereits seit Frühjahr/Sommer 1941 und weiter bis Kriegsende zur HGr Nord und hatte im Januar 1944 den Einsatzraum "Cholm, Dünaburg", wurde also von Ostpolen weit nach Norden nach Südostlettland verlegt.

Wie es angesichts dieser Großverbandszugehörigkeit der 12. ID am 18.02.1944 aber zur Verwundung eines Soldaten des I./ Füs.Rgt. 27, 12. ID, mit dem Einsatzraum Nevel, Vitebsk (also zuletzt in Weißrußland) bei "Vanamoisa b. Narwa, Estland" gekommen sein soll, ist mir schleierhaft.

Mit dieser Truppenzugehörigkeit scheint etwas nicht zu stimmen - entweder Estland (welche Einheit?) oder Füs.Rgt. 27 im Raum Vitebsk.

Vanamõisa finde ich auch nicht bei Narva (im nordöstlichsten Teil Estlands an der russischen Grenze), sondern vielmehr ganz im Süden des Landes nahe der lettischen Grenze. Dort ist es heute Ortsteil von Tõrva 68606.
lazykate
Hallo Ihr Vier,

herzlichen Dank für Eure Antworten.
Ich habe vor einigen Monaten beim DRK einen Suchantrag gestellt und warte noch auf Benachrichtigung. Kann ja immer etwas dauern.

@Arnold: Danke für den Buchtipp. Das klingt sehr interessant.

@Jürgen: Wie bekomme ich denn heraus, wo der Fehler liegt? Bei der WASt anrufen...?

Gruß, Kate
Jürgen Fritsche
Zitat:
Original von lazykate
Wie bekomme ich denn heraus, wo der Fehler liegt? Bei der WASt anrufen...?

Hallo Kate,

ich habe meine Zweifel, daß die WASt das klären / korrigieren kann (falls es kein WASt-Fehler sein sollte). Sie kann nur nach Aktenlage beauskunften.

Ich gehe von der richtigen Truppenzugehörigkeit (Füs.Rgt. 27 im Raum Vitebsk) aus, da die insgesamt stimmig ist.

Auch die Behandlung im Res.Laz. Lyck wird sicher korrekt sein.

Insofern ist ja vielleicht bereits damals ein falscher Ort der Verwundung für ihn registriert worden. Wie und wo der Fehler auftrat, wird sich aber wohl kaum mehr klären lassen.

Aber mache die WASt ruhig auf diese Unstimmigkeit aufmerksam und lasse die Angaben dort nachprüfen.
lazykate
Hallo Jürgen,

danke, das werde ich tun.

Dir noch einen schönen Tag.
Gruß, Kate
lazykate
Hallo,

ich habe jetzt vom DRK einen Brief bekommen, worin steht, daß es über Walter Bahrs keine Angaben gibt.

Heißt das, er wurde niemals als verschollen registriert? Hat denn keiner nach ihm gesucht, oder gab es noch andere Anlaufstellen als das DRK?
Wie kann ich rausfinden, ob er für tot erklärt wurde?

Über Tips würde ich mich freuen.
Vielen Dank. Gruß, Kate
Joshi
Hallo Kate,

hatten die Eltern des Verschollenen Ihren Wohnsitz in der ehem. DDR?
Falls ja, wäre dies eine Erklärung dafür, dass keine Registrierung beim DRK in München erfolgt ist.

Ob er für tot erklärt worden ist, lässt sich auf zwei Arten festellen
a) Anfrage an das Standesamt Berlin I (Buch für Todeserklärungen), diese Anfrage dauert aber sehr, sehr lange,
b) Anfrage beim Geburtsstandesamt, ob beim Geburtseintrag am Rand ein Hinweis auf Todeserklärung eingetragen worden ist (dürfte i.d.R. in 4 Wochen erledigt sein).

Grüsse

Joshi
lazykate
Hallo Joshi,

danke für die Tips.

Die Geburtsurkunde habe ich als Originalkopie mit allen Randvermerken...nämlich keinen ;-). Also eine Sackgasse!
Bleibt nur Berlin.

Die Mutter lebte bis in die 1970´er in Schleswig Holstein, Walter (unehelich) wuchs dort bei den Großeltern auf. Als Vatersname stand im Schreiben der WASt auch der Großvater, die Großmutter war bereits 1940 verstorben.
Ob da keiner eine Vermisstenmeldung gemacht hat?
Geht es auch, daß man nie für tot erklärt wurde?

Meine Oma hat es bestimmt interessiert und die ist 1946 in die SBZ gezogen. Aber ich bezweifle, daß sie dort eine DRK Suchanzeige aufgegeben hat.

Was passierte denn mit Suchmeldungen, wenn man in der SBZ lebte?

Gruß, Kate
Joshi
Hallo Kate,

wenn das DRK nichts vorliegen hat, wurde auch keine Vermisstenregistrierung durchgeführt, die ab 1950 von der Bundesregierung in der BRD betrieben wurde.
Wenn deine Oma in der DDR gelebt hat, konnte sie ja nicht an die entsprechenden Suchkarten bei der Stadt/Gemeinde kommen.

Wenn jemand nicht verheiratet war und kein Vermögen hinterlassen, das auseinandergesetzt werden muss, kann es durchaus sein, dass nie ein Verfahren zur Todeserklärung in Gang gesetzt wurde.

Beide Cousins meines Vaters sind im Krieg vermisst - und wurden nie für tot erklärt.

Grüsse

Joshi
lazykate
Hallo Joshi,

danke für deine Antwort.

Walter war nicht verheiratet und Vermögen?...nee, eher nicht. Von daher wird wohl wirklich keine Todeserklärung vorhanden sein.

Macht es Sinn, daß heute noch zu machen?

Gruß. Kate
Joshi
Zitat:
Original von lazykate

Macht es Sinn, daß heute noch zu machen?




Hallo Kate,

eigentlich nicht. Es macht nur bei Gericht Arbeit ohne daß ein rechtliches Bedürfnis besteht.

Grüsse

Joshi
Alexander
Zitat:
Original von lazykate
Hallo Joshi,

danke für deine Antwort.

Walter war nicht verheiratet und Vermögen?...nee, eher nicht. Von daher wird wohl wirklich keine Todeserklärung vorhanden sein.

Macht es Sinn, daß heute noch zu machen?

Gruß. Kate


Naja meistens wurden diese Todeserklärungsverfahren ja wegen Erbangelegenheiten durchgeführt. Dass hatte dann nichts damit zu tun, ob der Soldat verheiratet war oder Vermögen besessen hatte. Um die Erbreihenfolge zu gewährleisten war es zwingend notwendig, eine Todeserklärung durchzuführen.

Die Möglichkeit dass kein Verfahren durchgeführt wurde, besteht aber auch. Darum solltest du einmal beim Standesamt I in Berlin nachfragen ob es einen Eintrag im "Buch für Todeserklärungen" gibt. Danach ist man 100% sicher ob es eine Todeserklärung gab oder nicht.

Sollte auch relativ schnell gehen, ca. 4 Wochen.

Viel Erfolg

Gruß Alex